Andrea Jerratsch hat im Kulturwerk den Sozialdienst übernommen und ist nun direkt vor Ort für die Teilnehmenden da. Sie stammt aus Esslingen und hat an der Dualen Hochschule in Stuttgart Soziale Arbeit im Gesundheitswesen studiert.
Ihren Praxisteil absolvierte sie im Sozialpsychiatrischen Dienst des Klinikums. Nach ihrem Studium arbeitete sie auf der Akutstation der Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten in Bad Cannstatt. Dort bestand ihre Aufgabe darin, den Menschen in ihrer akuten Notlage zu helfen. Hauptthemen dort waren Wohnungslosigkeit, die Sicherung der Existenz und die Vermittlung an unterschiedliche Institutionen des Stuttgarter Hilfesystems.
Eine Verbindung zum Kulturwerk besteht für Jerratsch schon lange. Bereits in ihrer Jugend war sie bei der „Wilden Bühne“, einem Theaterensemble, das regelmäßig im Kulturwerk auftritt, aktiv: „Ich stand im Blauen Salon des Kulturwerks in meinen jugendlichen Jahren das erste Mal auf einer Bühne und konnte mich und meine Spiellust erstmals zeigen.“ Außerdem besucht Jerratsch gerne Kunst- und Kulturveranstaltungen.
Nach drei Jahren in der Akutstation hatte Jerratsch Lust auf eine Veränderung. „Auf der Akutstation ist man so etwas wie die Feuerwehr, aber ich wollte den Recovery-Prozess der Patient:innen weiter begleiten“ erklärt sie. Deshalb fragte sie im Kulturwerk nach, ob dort Unterstützung benötigt würde. Im April begann sie dort im Sozialdienst. Sie ist nun für die AGH-Teilnehmenden und das Programm „Arbeit statt Strafe“ zuständig. Der Schwerpunkt der psychosozialen Begleitung und Beratung liegt auf den Themen Arbeit und Sucht, aber auch auf den damit verbundenen Aspekten. „Meine Aufgabe ist es, mir zunächst ein Bild davon zu machen, wie die Menschen leben und unter welchen Bedingungen sie leben und dann zu besprechen, an welchen Stellen Sie Hilfe benötigen.“ Sie hilft auch bei Antragstellungen und zeigt den Teilnehmenden, welche Möglichkeiten ihnen offenstehen.
Besonders gut gefällt Jerratsch, dass im Kulturwerk alles unter einem Dach stattfindet und man so engen Kontakt zu den Teilnehmenden, aber auch zu den Anleiter:innen hat: „Dadurch, dass hier alles in einem Haus ist, erhält man unterschiedliche Perspektiven und Wahrnehmungen – das finde ich gut. Das verhindert blinde Flecken oder Dinge, die man vielleicht zunächst nicht wahrnimmt.“
Auch der Bereich der Sozialen Arbeit gefällt ihr sehr: „Das Schöne an der Sozialen Arbeit ist, dass man immer wieder von Menschen, Lebensläufen oder Lebensverläufen überrascht wird. Und gerade diese unvorhersehbaren Wendungen bringen eine gewisse Spannung mit sich.“ Besonders schätzt Jerratsch außerdem den „Spirit“ im Kulturwerk und den Teamgedanken. Sie hat bereits oft von Klient:innen gehört, dass zwar alle von ihnen verlangen, stabil zu werden, aber niemand ihnen zeigt, wie das geht. Dass das Kulturwerk hierfür eine Antwort bietet, findet sie wichtig:
„Man braucht eben auch irgendeine Motivation, um stabil zu bleiben oder zu werden.“
Sie schätzt es, im Kulturwerk eine Rolle und Verantwortung zu haben und Teil von etwas Größerem zu sein.
Ihren Ausgleich zur Arbeit findet sie als nebenberufliche Musikerin. Gemeinsam mit ihrem Partner tritt sie auf Hochzeiten und anderen Veranstaltungen auf und schreibt ihre eigenen Lieder:
„Da fließt bei mir ganz viel Energie rein, aber auch ganz viel Energie raus. Musik ist einfach mein Ding“, beschreibt sie.