„Mein Name ist Mina Gampel, ich lebe seit 57 Jahren in Deutschland. Ich bin jüdischen Glaubens, aber offen für alle“, so stellte sich Mina Gampel den rund 45 Zuhörerinnen vor. Am 23. November erzählte sie im Ludwigsstift bei einer Veranstaltung der Straßen-Universität Stuttgart Geschichten aus ihrem Leben.
„Meine vier Leben“ heißt ihr Buch: „Ich bin kein unbeschriebenes Blatt. Ich bin keine große Schriftstellerin, ich habe nur mein Leben aufgeschrieben und die Resonanz, die ich bisher bekommen habe, ist gar nicht so schlecht“, so beschreibt Gampel den Inhalt ihres Buches.
„Mein Leben war sehr stürmisch. Es war und ist bis in die Gegenwart wie ein Gewitter. Da donnert, blitzt und regnet es in Strömen. Irgendwann aber, wenn ich schon fast nicht mehr daran zu glauben wage, scheint wieder die Sonne und die Luft ist frisch“, zitiert sie aus der Einleitung und an die Gäste gewandt fügt sie hinzu: „Ich hoffe, dass ihr es nicht schlimmer gehabt habt. Aber ein Leben ohne Probleme wäre mir zu langweilig gewesen.“ Mit ihrem Buch möchte sie Mut machen und vor allem bedrängte Frauen dazu auffordern, ihren eigenen Weg zu gehen und sich nicht unterkriegen zu lassen.
Gampel ist 1940 als achtes Kind einer jüdischen Familie in Weißrussland geboren. Als sie ein Jahr alt war, floh die Familie nach Kirigisien. Drei ihrer Geschwister starben auf der Flucht. Da sie noch sehr klein war, kann sich Gampel kaum noch selbst an die Flucht erinnern. Was jedoch noch präsent ist, ist das Gefühl der Angst jemanden zu verlieren. 1946 zog die Familie dann in das von Polen besetzte Stettin. Dort verbrachte sie Kindheit und Jugend, lernte ihren Ehemann kennen und heiratete. „Stettin war die schönste Zeit in meinem Leben.“ Denn ihre Familie startete dort neu. 1957 wanderte sie frisch vermählt nach Israel aus und wurde kurz nach ihrer Ankunft dort schwanger. Ihre drei Kinder wuchsen in Israel auf, doch ihr Mann hatte den Wunsch, nach Deutschland zu ziehen. Gampel war anfangs nicht begeistert, denn der Umzug nach Deutschland bedeutete für sie wieder ein neues Leben zu beginnen, eine neue Sprache zu lernen und sich in einer neuen Kultur zurechtzufinden.
Mittlerweile lebt sie seit 57 Jahren in Deutschland und bezeichnet das Land als ihre Heimat. Doch wenn man sie fragt, wo sie herkommt, antwortet sie „Ich bin ein Polyglott, ich komme nicht aus einem Land, aber ich wünsche allen Menschen Glück.“ In Deutschland erfüllt sie sich ihren großen Traum Künstlerin zu werden. „Ich habe mich nicht unterkriegen lassen, jetzt bin ich hier, und ich will das und ich kann das,“ lautet ihre Einstellung.
„Früher war ich beschäftigt mit meinen Kindern und meinem Mann und jetzt bin ich beschäftigt mit meiner Kunst und mit Menschen. Mir ist es wichtig, dass man sich respektieren soll, egal welchen Glaubens und welcher Hautfarbe man ist“, so beschreibt Gampel ihr jetziges Leben. Auf die Frage, wie sie es schafft, fit zu bleiben, antwortet sie: „Niemals aufhören zu lernen und miteinander sprechen, das ist wichtig.“ Bereits seit 14 Jahren studiert sie verschiedene Fächer beim Studium Generale und denkt gar nicht dran aufzuhören: „Ich lebe jeden Tag so, als wenn es mein letzter wäre, weil man weiß nie, was morgen ist.“